BER

Gudrun Gut

Leydicke

Kleine Philharmonie

Harzer Naehstube

Analbuerste

Lippenstiftmuseum

Tanni

THF

Kuerzeste Dachrinne

Fischerpinte Ploetzensee

Grunewalder Kiesgrube

Cafe Achteck

Prinzessinnengarten

TXL

Zehlendorfer Eiche

Hoechster Baum

Berliner Ikonen ist eine un-erhörte Entdeckungsreise durch das alte Berlin unserer heutigen Zeit.
Wir porträtieren ungesungene Helden*innen unsere Stadt. Diese Schätze sind Menschen und Orte, die Berlin über Jahrzehnte hinweg geprägt haben.
Sie haben alle ihren legendären Beitrag geleistet und Berlin zu dem gemacht, was es heute nur noch punktuell ist. Spannend, tragisch, divers, tolerant.
Ein Mythos, dem wir diese Homage widmen.

Vorwort

Doppelausstellung „Berliner Ikonen“ & „Heim@los“

Wandel in Berlin
Als ich 1965 nach Berlin gekommen bin, wohnte ich erstmals in der Schlüterstraße im Hotel Bogota. Ein einzigartiger Ort. Das Haus wurde 1911 erbaut, das Interieur des Hotels zeichnete sich auf jeder Etage durch unterschiedliche Einflüsse aus. In der vierten und fünften Etage hatte einst die berühmte deutsche Mode-Fotografin YVA ihre Wohnung mit Atelier. In diesem Fotoatelier lernte Helmut Newton sein Handwerk bei ihr. Ein Foto an der Wand im Foyer der fünften Etage erinnerte daran.
Dieses Flair hatte eine magische Anziehungskraft auf mich. Es war ein Stück Berlin. Das löste das Verlangen in mir aus, Berlin in den Folgejahren regelmäßig zu besuchen und neu zu entdecken. Während sich Berlin wandelte, neue 5 Sterne Hotels entstanden, behielt das Bogota seinen Charme. Die Kunstsammlung auf jeder Etage wuchs. Fotoausstellungen wechselten alle paar Monate. Lesungen und Tanztees fanden statt. Als bereits die analogen Telefone aus dem Alltag verschwunden waren, gab es hier im Bogota im Foyer noch immer die Telefonzelle von der aus einst Newton telefoniert hat.

Das Hotel Bogota war ein besonderer Ort der Begegnung und des Austauschs. 2013 wohnte ich das letzte Mal dort, bevor die Ikone abgerissen und somit ein Opfer des Berliner Wandels wurde. Heute füllt ein modernes leerstehendes Bürogebäude die Lücke.

Die herausragende Doppelausstellung „Berliner Ikonen“ und „Heim@los“ des Künstlerkollektivs Team WO=H, die im Rahmen des europäischen Monats der Fotografie (EMOP2023) debütiert, befasst sich mit dem radikalen ungebremsten Wandel in Berlin, der täglich neue Opfer fordert.
Das Team WO porträtiert in der Serie „Berliner Ikonen“ exemplarisch besondere Berliner Orte, Menschen und Natur, die das magische Berlin ausmachen und verschwinden. H. geht noch einen Schritt weiter, indem er den Verlust von Wohnraum als Leben in der letzten Reihe thematisiert.

In Ihren sechs handgefertigten Künstlerbüchern von Team WO werden auf handgeschöpfte Himalaya-Papier exemplarisch 12 „Berliner Ikonen“ in Bild und Wort dargestellt. So z.B. sind zu sehen die spektakuläre Handgeste der legendären Punk-Ikone Gudrun Gut sowie die historische Holz-Stuhllehne von Luzi Leydicke oder dem geheimnisvollen sagenumwobenen roten Punkt auf der denkmalgeschützten Landebahn des THF’s. Die Interviews entführen uns in die verborgene Gedanken-Welt und verrücktesten Erlebnisse der Ikonen.

Wohnsitz: Nirgendwo
„Wieder erhebt dieser Zauberer in Lumpen, der Vagabund mit den leuchtenden Prophetenaugen, seinen Geigenbogen und wieder reisst er mit einem langen Strich durch die Seelen der Versammlung. Ein Fanfarenschrei aus der Tiefe öffnet Höllen, durchbricht Dämme und Schleusen, zieht die Seelen der Hörer ins Bodenlose, Grenzenlose, in das Chaos: in schöpferisches Chaos. Formgewordenes bricht zusammen, Erstarrtes schmilzt. Kulturen zerschlagen sich. Die Weltepoche geht auf in Rauch.“ schrieb Theodor Pliever über die Propheten unter den Wohnsitzlosen und Vagabunden im Berlin der 1920er Jahre.

Mit zwölf Ablichtungen der 2020er Jahre zeigt H. Wohnräume unter Berliner Brücken, in denen wohnungslose Menschen sich eingerichtet haben, die in der Unwirtlichkeit der Öffentlichkeit mit den Spenden der Nachbarn ihre Unterkunft gestaltet haben. Die Bewohner sind „ausser Haus“ und hinterlassen eine aufgeräumte, nicht selten auch gefegte Wohnstatt. Der Sammelbecher und eine Beleuchtung signalisieren: komme gleich wieder. Die Photos laden zum genaueren Betrachten ein, woran wir sonst vorbeieilen um zu versuchen nicht genau hinzusehen.

Diese Ausstellung ist ein Weckruf an die Verantwortlichen der Stadt, eine Aufforderung zum Handeln. Diese fotografischen Positionen sind ein Stück Berlingeschichte von immens kultureller und kunstgeschichtlicher Bedeutung. Ein wertvoller Beitrag zu Berlin als Stadt des radikalen Wandels.

Prof. Dr. Martin von Werfelsberg
1944 in München geboren. War auf dem Internat Schloß Salem. Fotografische Sammlung, Museumsleitung, Mitglied Freunde der Nationalgalerie.



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